Netti
Ich habe vor 30 Jahren Veterinärmedizin im Rahmen eines Ingenieurstudium’s studiert. Bei diesem Studium lernte ich Netti kennen. Sie war eine Komilitonin aus Evelin’s Seminargruppe und stammt aus Rostock. Auch nach dem Studium hatten wir eine Weile sporadischen Kontakt, der aber irgndwann einfach abbrach. Manchmal ist das einfach so im Leben. Aber zu Netti gab es eine weitere Verbindung. Im Rahmen des Studiums absolvierte ich ein Prakikum im Rostocker Shlachthof, auf dem auch Schafe geschlachtet wurden. Das muß 1990 gewesen sein und gewohnt habe ich in dieser Zeit auf dem wunderbaren alten Bauernhof, der Netti’s Familie gehört. Jedenfalls organisierte ich mir bei dieser Gelegenheit ein Schaffell, sozusagen ganz frisch. Dieses habe ich dick mit Alaunsalz eingeschmiert, damit sich Fleischeste u.ä. auflösen (zum Gerben) und anchließend bei Netti auf ihrem wunderschönen alten Bauernhof in der Nähe von Rostock in der Scheune auf einem Balkenkreuz deponiert. Hier sollte der Gerbvorgang in aller Ruhe stattfinden. Allerdings vergaß ich das Fell dann irgndwie. Ich war später noch ein paar Mal auf dem Hof, aber immer war irgendetwas anderes so wichtig, daß kein Platz für das Schaffell war. Und irgendwann vor ca. 25 Jahen riss der Kontakt dann auch ab. Die Gründe sind wie immer vielschichtig und vor allen Dingen egal.
Vor einger Zeit sah ich dann in einem Ferienhausportal im Internet ein Bild, von dem ich dachte:“Das kennst du doch“. Es war der alte Hof, auf dem Netti mich hatte wohnen lassen, als ich mein Praktikum im Rostocker Schlachthof absolvierte. Und auf dem theoretisch immer noch mein Schaffell hing – nach 30 (dreißig) Jahren :-).
Die Telefonnummer stimmte noch. Und als wir also in Richtung Norden in den Urlaub losfuhren, rief ich Netti an. Nach ca. 25 Jahren! Ich hatte den AB dran, auf dem ich einfach nur fragte, ob mein Schaffell noch da wäre und daß ich in der Nähe wäre (ich war zu dem Zeitpunkt schon in Waren an der Müritz). Eine viertel Stunde später klingelte mein Telefon und Netti erklärte, daß sie sich total freuen würde, mich zu sehen. Also fuhren wir hin und entfernten nach 30 Jahren endlich das Schaffell von Balkenkreuz ihrer Scheune. Wenn ich sage, WIR entfernten, muß ich eigentlich Netti’s Sohn Dank aussprechen. Er war es, der auf die Leiter kletterte, die Befestigungsschnüre losschnitt und das Felll zu Boden stieß. Beerdigt habe ich es dann aber.
Wir nahmen uns vor, nicht wieder ein viertel Jahrhundert vergehen zu lassen, bis wir uns wiedersehen.
Wer eine schöne Ferienwohung mit unglaublich viel Ruhe, Natur und einem 80-Jährigen Obstbaumbestand in einer wunderschönen Umgebung sucht, möge mich anrufen! Ich stelle den Kontakt her. Wer Halligalli sucht, ist hier falsch.